Verbundvorhaben: BiSpra-Aufgaben: Weiterentwicklung zu einem diagnostisch nutzbaren Testinstrument und Prüfung der Sensitivit?t für F?rdereffekte - Teilvorhaben B
Auf einen Blick
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
Projektbeschreibung
Unter dem Schlagwort ?Bildungssprache‘ hat das in der Schule verwendete Sprachregister in den vergangenen Jahren nicht nur in den wissenschaftlichen, sondern zunehmend auch in den ?ffentlichen und bildungspolitischen Diskurs Eingang gefunden. Dies l?sst sich durch die gro?e Bedeutung erkl?ren, die der Beherrschung von Bildungssprache für die erfolgreiche Teilhabe am Unterrichtsgeschehen und den Erwerb bildungs- und schulbezogener Kompetenzen zugesprochen wird (z. B. Bailey, 2007; Uccelli, Galloway, Barr, Meneses & Dobbs, 2015). Mittlerweile liegen für den deutschsprachigen Raum erste empirische Befunde vor, die darauf hindeuten, dass das Verst?ndnis von Bildungssprache im Vergleich zu alltagssprachlichem Verst?ndnis für schulische Leistungen von besonderer Relevanz zu sein scheint (Heppt, Henschel & Haag, 2016; Schuth, K?hne & Weinert, 2017). Eine Reihe von Studien zeigte zudem, dass bildungssprachliche Anforderungen nicht nur Schüler*innen mit nicht-deutscher Familiensprache, sondern auch monolingual deutschsprachigen Kindern gr??ere Schwierigkeiten bereiten als eher alltagssprachliche Anforderungen (Eckhardt, 2008; Heppt, Stanat, Dragon, Berendes & Weinert, 2014; vgl. zusammenfassend Heppt, 2016). ?ber die prognostische Bedeutung bildungssprachlicher F?higkeiten und Fertigkeiten für die Entwicklung und den Aufbau schulischer Kompetenzen ist bislang jedoch nur wenig bekannt. Ferner mangelte es an standardisierten, validierten und normierten praxistauglichen Testinstrumenten zur Erfassung bildungssprachlicher Kompetenzen.
Vor diesem Hintergrund und aufbauend auf den Erkenntnissen und Entwicklungsarbeiten in den Projekten BiSpra I und BiSpra II wurden in BiSpra-Transfer insbesondere die folgenden Ziele verfolgt:
(1) Die in früheren F?rderphasen entwickelten Aufgaben zur Erfassung verschiedener Aspekte des Verst?ndnisses von Bildungssprache (globales Verst?ndnis bildungssprachlicher H?rtexte [BiSpra-Text], Verst?ndnis von Satzverbindungen mit Konnektoren [BiSpra-Satz], allgemeines bildungssprachliches Wortverst?ndnis [BiSpra-Wort]) sollten zu einem standardisierten und normierten Testinstrument weiterentwickelt werden, das sich für den Einsatz in der schulischen Praxis wie auch in der Forschung eignet.
(2) Die Ergebnisse aus BiSpra II, die bislang vorrangig auf querschnittlichen Analysen basierten, sollten um l?ngsschnittliche Analysen erweitert werden, um Aussagen über die Entwicklung bildungssprachlicher F?higkeiten und Fertigkeiten (einschlie?lich bedeutsamer Einflussvariablen) und deren prognostische Validit?t für den Schulerfolg treffen zu k?nnen.
(3) Der Einsatz ausgew?hlter Testaufgaben im Rahmen des Projekts ProSach, in dem die Wirksamkeit eines fachintegrierten Sprachf?rderansatzes untersucht wird, erm?glicht zudem, die Sensitivit?t des Testinstruments für F?rdereffekte zu untersuchen.
Um die Aufgaben zu einem praxistauglichen Test weiterzuentwickeln und für diagnostische Zwecke nutzbar zu machen, wurden die entwickelten Aufgaben 3 625 Grundschulkindern aus sechs Bundesl?ndern im Rahmen einer Normierungsstudie zur Bearbeitung vorgelegt. Aus diesen Daten wurden objektive Vergleichswerte abgeleitet, anhand derer sich die bildungssprachlichen F?higkeiten und Fertigkeiten von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 2 bis 4 einsch?tzen lassen. Um den unterschiedlichen Spracherwerbsbedingungen Rechnung zu tragen und eine m?glichst aussagekr?ftige Einsch?tzung bildungssprachlicher F?higkeiten und Fertigkeiten von Kindern mit unterschiedlichem sprachlichen Hintergrund zu erm?glichen, wurden getrennte Vergleichswerte für drei verschiedene Sprachgruppen entwickelt: für monolingual deutschsprachige Kinder (n = 1 667; 46 %), für bilinguale Kinder, die in den ersten drei Lebensjahren Deutsch und mindestens eine andere Sprache erworben haben (n = 1 122; 31 %), und für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache, die mit dem Erwerb des Deutschen erst nach dem dritten Lebensjahr begonnen haben (n = 836; 23 %). Bei der Erarbeitung des Testhandbuchs und der Testmaterialien von BiSpra 2-4 wurde gezielt die Expertise von Lehrkr?ften einbezogen, sodass die Vergleichswerte sowie die theoretischen und praktischen Grundlagen des Tests in verst?ndlicher und anwendungsfreundlicher Form zur Verfügung stehen.
Auf Basis der internen Konsistenzen l?sst sich für alle drei Untertests feststellen, dass für monolingual deutschsprachige Kinder sowie mit steigender Klassenstufe eine besonders reliable Sch?tzung bildungssprachlicher F?higkeiten und Fertigkeiten erzielt wird, w?hrend dies etwas weniger für die beiden nicht-monolingual deutschsprachigen Gruppen sowie für jüngere Kinder gilt. W?hrend für die Untertests BiSpra-Text und BiSpra-Satz fast alle Reliabilit?ten im akzeptablen bis guten Bereich liegen, ist dies für BiSpra-Wort erst ab Klassenstufe 3 der Fall. Analysen zu den Interkorrelationen der drei Untertests sowie zu Zusammenh?ngen mit den durch Lehrkr?fte vergebenen Noten im Lesen, im Schreiben, in Mathematik und im Sachunterricht liefern Hinweise auf die Konstrukt- und die Kriteriumsvalidit?t von BiSpra 2-4.
Vertiefende Analysen der Daten der in BiSpra II durchgeführten Validierungsstudie zeigen überdies, dass Kinder mit monolingual-deutscher Familiensprache in allen drei Untertests durchschnittlich h?here Ausgangsleistungen erzielen als Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache und dass die Unterschiede auch im Verlauf der Grundschulzeit nicht ausgeglichen werden bzw. sich teilweise sogar vergr??ern. So nehmen die Leistungsnachteile von nicht-monolingual deutschsprachigen Kindern im Verst?ndnis bildungssprachlicher W?rter und – in geringerem Ausma? – im Verst?ndnis bildungssprachlicher Texte im Laufe der Zeit zu, w?hrend sich im Verst?ndnis von Satzverbindungen mit Konnektoren keine entsprechende Vergr??erung der Leistungsunterschiede über die Jahrgangsstufen 2, 3 und 4 zeigt. Hinzukommend zeigen sich zum Teil deutliche Effekte des sozio-?konomischen und bildungsbezogenen famili?ren Hintergrunds auf bildungssprachliche F?higkeiten und Fertigkeiten und deren Entwicklung.
Um die Bedeutung des Verst?ndnisses von Bildungssprache für schulische Leistungen einzusch?tzen, wurden für die drei Untertests BiSpra-Text, BiSpra-Satz und BiSpra-Wort zudem die Zusammenh?nge mit zeitgleich und zeitversetzt erhobenen schulischen Leistungstests im Lesen und in Mathematik untersucht. Es ergaben sich durchweg positive Korrelationen mittlerer bis gro?er Effektst?rke. Auch unter Berücksichtigung (Kontrolle) von Unterschieden im grundlegenden Grammatikverst?ndnis und in eher allgemeinen Wortschatzkenntnissen bestehen substanzielle Korrelationen mit den schulischen Kompetenztests, wobei die Zusammenh?nge zu den unterschiedlichen schulischen Leistungsma?en für BiSpra-Satz besonders deutlich ausfallen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die sich entwickelnden bildungssprachlichen Kompetenzen bereits in der Grundschule für den Schulerfolg bedeutsam sind. Insgesamt erm?glicht BiSpra 2-4 eine reliable und valide Messung schulbezogener sprachlicher Kompetenzen bei Kindern im Grundschulalter und bildet eine wichtige Grundlage, um F?rderbedarfe aufzudecken und F?rderma?nahmen einzuleiten.
Projektleitung
- Person
Dr. Birgit Heppt
- Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakult?t
- Institut für Erziehungswissenschaften
- Person
Prof. Dr. Petra Stanat
- Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakult?t
- Institut für Erziehungswissenschaften
- Person
Prof. Dr. Sabine Weinert
- Otto-Friedrich-Universit?t Bamberg