"Nach dem Krieg um halb sechs". Mitteleuropa, seine Literaturen und wir

Auf einen Blick

Laufzeit
10/2024  – 01/2026
DFG-Fachsystematik

Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft

F?rderung durch

Volkswagen Stiftung Volkswagen Stiftung

Projektbeschreibung

Buchprojekt: Nach dem Krieg um halb sechs. Mitteleuropa, seine Literaturen und wir

?Nach dem Krieg um halb sechs!“ ruft Josef ?vejk den Freunden zu, bevor er an die Front geschickt wird. Treffpunkt soll wie immer das Prager Wirtshaus ?Zum Kelch“ sein. Seit Jaroslav Ha?ek 1920 seinem ?Guten Soldaten ?vejk“ diesen surrealen Abschieds-gru? in den Mund geschrieben hat, ist daraus ein modernes Klassiker-Zitat geworden. Mit dem Ersten Weltkrieg, in den ?vejk zieht, beginnt Mitteleuropas ?kurzes 20. Jahrhundert“, eine ?ra der Auf- und Abbrüche, extremer Gewalt, wiederholter Unter-drückung und Befreiung. Nach 1990 dient diese imperial, teils kolonial impr?gnierte Geschichte den Literaturen der Region gleichsam als historischer Grund, den sie reflektieren und aus dem sie sch?pfen. Bei aller Vielfalt teilen zentrale Texte über rund ein Dutzend Staaten und mindestens zwanzig Sprachen zwischen Ostsee und Balkan hinweg ein spezifisches Beharren auf Emanzipation, zuweilen eine ausgestellte ?sthetische Renitenz, nicht zuletzt das Selbstverst?ndnis, sich zwischen dominanten Erz?hlgemeinschaften in ihrem Westen wie Osten behaupten zu müssen. Das Buch geht solchen Gemeinsamkeiten nach. Es zeigt und analysiert, wie die neuere Literatur (Ost-) Mitteleuropas die Traumata einer Geschichtsregion fiktional übersetzt in dysfunktionale Familienstrukturen, zersplitterte Erinnerungen oder sich selbst entfremdete St?dte und Landschaften, und immer wieder in scheiternde Kommunikation, ja Befunde einer kommunikativen Pathologie. Diese Krankheit durch Kr?nkung zeigt sich namentlich in bestimmten neuralgischen Konstellationen wie Stadt versus Land, Zentrum und Peripherie, Westen und Osten, besonders aber in den überlappenden, oft wechselseitigen Kolonialerfahrungen der polyethnischen ?ber-gangsr?ume. Zugleich erz?hlen die Texte von einer rasant voranschreitenden Gegenwart mit neuen ?ngsten, neuen Kr?nkungen – und vor allem mit neuen Hoffnungen. Und sei es nur, dass das Schlimmste fürs Erste vorbei sei. Dass es nach dem Krieg ist: Zeit, sich über das Geschehene auszutauschen. Auch und gerade mit dem offen adressierten Europa jenseits der vermeintlichen Semiperipherie, die doch eigentlich die wahre Mitte des Kontinents darstellt.

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