Honigbienen im Klimawandel

Auf einen Blick

Laufzeit
09/2015  – 01/2019

Projektbeschreibung

Für die westliche Honigbiene (Apis mellifera) sind die Wetterbedingungen (insbesondere Lufttemperatur, aber auch Globalstrahlung, Niederschlagsintensit?t und Windgeschwindigkeit) und die Verfügbarkeit von Nektar, neben Faktoren wie Brutmerkmalen und der Gesundheit der Kolonien, von entscheidender Bedeutung für die Flugaktivit?t der Bienen und damit für Best?ubung und Honigertrag. Klima?nderungen k?nnten somit die Flugbedingungen für Bienen beeinflussen. In Hessen wurde ein Anstieg der Lufttemperatur von 0,8 K im Zeitraum 1981-2010 bezogen auf die Periode 1901-1930 festgestellt (HLNUG, 2016). Klimaszenarien prognostizieren für den Zeitraum 2071-2100 einen weiteren Anstieg der Lufttemperatur von durchschnittlich 3,9 K gegenüber dem Referenzzeitraum 1971-2000 (REKLIES, 2017).
Diese Studie untersuchte die Auswirkungen eines sich ?ndernden Klimas auf den Flug von Honigbienen und den Honigertrag. Das vom Deutschen Wetterdienst (DWD, FRIESLAND, 1998) entwickelte Modell BIENE erm?glicht die Klassifizierung von Stunden nach ihrer (wetterbedingten) Eignung für den Bienenflug (überhaupt keine, schlecht, m??ig, gut), sowie die Berechnung eines Ma?es für den potenziellen Bienenflug für frei w?hlbare Zeitr?ume. Dieses rein wettergetriebene Modell war jedoch für die Beurteilung des Bienenflugs über das ganze Jahr nicht geeignet, da wesentliche Parameter, insbesondere die Ph?nologie von Trachtpflanzen, nicht im Modell berücksichtigt sind. Die Auswirkungen von Klimaver?nderungen der letzten Jahrzehnte auf die Entwicklung dieser Pflanzen sind, insbesondere im Frühjahr, deutlich zu erkennen. Beispielsweise hat sich der Beginn der Obstblüte (Apfel, Sü?kirsche, Sauerkirsche, Birne) in Deutschland seit 1961 um etwa 3 Tage pro Jahrzehnt verfrüht.
Es wurden ph?nologische Phasen relevanter Honigpflanzen untersucht und diejenigen, die für die Entwicklung der Honigbienenv?lker entscheidend sind, in das Modell integriert. Für das Modell erwiesen sich die ph?nologischen Phasen "Beginn der Haselblüte" (Beginn der Volksentwicklung) und "Ende der Winterlindenblüte" (Ende der Haupttrachtzeit) als relevant. Um die Ver?nderungen der Bienenaktivit?t w?hrend der Best?ubung von Obstb?umen beurteilen zu k?nnen, wurden auch Phasen für den Beginn und das Ende der Blüte (Sü?kirsche bis Apfel) berücksichtigt. Sieben Honigbienenv?lker an vier Standorten in Deutschland wurden zwischen einem und fünf Jahren auf deren Flugaktivit?t überprüft. Die Daten wurden verwendet, um das Flugaktivit?tsmodell zu validieren und zu verbessern. Die Kopplung des wettergetriebenen Modells mit den ph?nologischen Phasen der Hasel und Winterlinde verbesserte die Modellleistung erheblich.
Die Untersuchung des potenziellen Bienenfluges an sechs Stationen in Hessen und Baden-Württemberg im Zeitraum 1951-2015 ergab einen Anstieg des j?hrlichen potenziellen Bienenfluges aufgrund w?rmerer Lufttemperaturen und damit besserter Flugbedingungen. Dieser Trend war auch bei sich ?ndernden klimatischen Bedingungen anhand von drei globalen Klimamodelll?ufen sichtbar, die eine m?gliche Zunahme des j?hrlichen Bienenflugpotenzials im Zeitraum von 2071 bis 2100 von 10% (RCP 2,6) bis 25% (RCP 8,5) im Vergleich zum Zeitraum 1971-2000 zeigten. Dieser Anstieg fand jedoch nicht w?hrend der Hauptblütezeit statt, sondern in der zunehmend w?rmeren Zeit im Sp?tsommer und Herbst, in der jedoch keine relevanten Trachtpflanzen mehr blühen.
Die steigenden Temperaturen bewirkten eine frühe Blüte aller untersuchten Trachtpflanzen (Hasel, Birne, Sü?kirsche, Sommerlinde) von durchschnittlich 7 (RCP 2,6) bis 21 (RCP 8,5) Tagen. W?hrend der Hauptblütezeit (Hasel bis Winterlinde) waren keine signifikanten Ver?nderungen des potenziellen Bienenflugs sichtbar. Der frühe Beginn der Blüte führte nicht zu einer Desynchronisation zwischen Bienenflug und Blüte, sondern reduzierte die für Bienen nutzbaren Tageslichtstunden. Diese Verkürzung der Flugstunden kann durch steigende Temperaturen w?hrend der Hauptblütezeit kompensiert, aber nicht übertroffen werden.
W?hrend der Obstblüte (Sü?kirsche zu Apfel) war eine signifikante Verringerung des potenziellen Bienenfluges um 19% (RCP 2,6) und 44% (RCP 8,5) zu verzeichnen, da der Verlust der Tageslichtstunden nicht durch steigende Temperaturen ausgeglichen werden konnte.
Zus?tzlich wurden Honigertragsdaten aus Deutschland herangezogen, um ein statistisches Modell zu entwickeln, das einen Zusammenhang zwischen Bienenflug und Honigertrag herstellt. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass ein m?glicher Bienenflug allein nicht ausreicht, um den Honigertrag zu bestimmen. Weitere Daten, insbesondere zur Nektarverfügbarkeit, müssen in das Modell mit einbezogen werden.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Klimawandel, infolge steigender Lufttemperaturen, zu guten Flugbedingungen für Honigbienen führt. Limitierend sind andere Faktoren: Gibt es ein ausreichend gro?es und diverses Trachtangebot und kann der Parasitenbefall durch Eingriffe der Imker*innen einged?mmt werden, so k?nnen Honigbienen (und damit Imker*innen) in den n?chsten 100 Jahren von den ver?nderten Klimabedingungen m?glicherweise sogar profitieren.