HOCHDURCHSATZ-SNP-TYPISIERUNG F?R DIE GENOMISCHE SELEKTION BEIM RIND, ASSOZIATIONSSTUDIEN UND POPULATIONSGENETISCHE ANALYSEN DES RINDERGENOMS
Auf einen Blick
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
Projektbeschreibung
Die genetische Veranlagung der meisten züchterisch interessanten Merkmale beim Rind beruht auf einer Vielzahl von Genen mit geringen Effekten. Mit Einzug der molekulargenetischen Forschung in die Tierzucht stellte sich daher die Frage, inwieweit leistungsbeeinflussende Gene identifiziert und zeitnah direkt zur Selektion verwendet werden k?nnen. Im vorwiegend der Grundlagenforschung zugeordneten FUGATO-plus GenoTrack-Projekt wurde der enorme Fortschritt in der Entwicklung von Single Nucleotide Polymorphismen (SNP) - Markern und die Verfügbarkeit effizienter Hochdurchsatzplattformen für Chip-basierte Genotypisierungen genutzt, um erstmals alle grunds?tzlichen Aspekte eines genomischen Ansatzes an realen Tierpopulationen im Detail zu untersuchen.
Im Teilprojekt der Humboldt-Universit?t zu Berlin wurde im Rahmen der Qualit?tskontrolle für die Daten aus der Hochdurchsatzgenotypisierung von mehr als 3000 Rindern mit dem BovineSNP50 Beadchip der Firma Illumina ein Verfahren zur schnellen Rekartierung der SNPs entwickelt, um die genaue Lage der Marker im Referenzgenom zu korrigieren. Für die Feinkartierung der genomischen Struktur in der Holstein-Friesen Rinderrasse wurden aus den SNP Daten Haplotypenbl?cke rekonstruiert. Diese dienten als Grundlage für Assoziationsanalysen zwischen Haplotypen und Milchleistungsmerkmalen, die in Form von Zuchtwerten von Hochleistungsbullen vorlagen. Besonderes Augenmerk lag auf der Identifizierung von Genen mit Einfluss auf den Energiehaushalt des Milchrindes, dessen Regulation ma?geblich den Fettanteil in der Milch bestimmt. Mehr als einhundert bekannte Kandidatengene für den Fettansatz im Menschen dienten als Ausgangpunkt für die Untersuchung homologer Gene im Rind hinsichtlich potentieller Effekte auf die Milchfettmenge. Ein Drittel der konservierten Gene lag in genomischen Regionen, in denen SNPs einen signifikanten Effekt auf die Milchfettmenge zeigten. Unter diesen Genen befand sich das Gen, das den Brain Derived Neurotrophic Factor (BDNF) kodiert. Für den SNP mit der besten statistischen Absicherung in dem Genbereich konnte ein additiver Effekt nachgewiesen werden. Die Differenz zwischen den homozygoten Genotypenklassen betrug im Mittel über die ersten drei Laktationen mehr als 10 kg Milchfett. Detaillierte Untersuchungen von Allel-, Geno-, Haplo- und Diplotypeneffekten auf die Milchfettmenge zeigten, dass die ph?notypische Varianz in der Population genetisch besser durch Diplotypen als durch die einzelnen SNP-Allele erkl?rt werden kann. Das Ergebnis unterstreicht die Bedeutung genomischer Strukturen für die Sch?tzung genomischer Effekte auf Ph?notypen. Untersuchungen genomischer Effekte auf Milchleistungsmerkmale zu verschiedenen Laktationszeitpunkten haben nachgewiesen, dass sich Markereffekte auf die Fett- und Proteinmenge im Verlauf der Laktation erh?hen. Damit wird deutlich, dass sich Unterschiede in der Allelwirkung bei Tieren, die homozygot für das Minderheiten- bzw. das Hauptallel sind, zum Laktationsende versch?rfen.
Unter der Hypothese, dass genomische Regionen mit überdurchschnittlichem Ma? an Heterozygotie einen wichtigen Beitrag für die Fitness der Population leisten k?nnten, wurde die Haplotypenvielfalt in jedem Haplotypenblock genomweit quantifiziert. Dafür wurde ein Diversit?tsma? eingeführt, das ursprünglich dem Bereich der ?kologie entstammt. Circa 1,5% aller Haplotypenbl?cke erfüllten die geforderten Kriterien an Regionen mit überdurchschnittlicher Haplotypendiversit?t. Eine Assoziationsanalyse zeigte für ca. 95% der Haplotypenbl?cke mit erh?hter Heterozygotie signifikante Assoziationen mit Fitness-Ph?notypen. Diese Funktionszusammenh?nge von Genen und ihren kodierten Proteinen erlauben die Identifizierung von Netzwerken, in denen Gene gemeinsam einen polygenen Ph?notyp determinieren. Die an der HU-Berlin entwickelten Methoden und durchgeführten Analysen leisten somit einen wichtigen Beitrag, verschiedenartige molekulare genetische Varianten zu identifizieren, die ein züchterisches Merkmal beeinflussen.