Parables in Early Christian Literature

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03/2018  – 07/2019

Description

Die geplante Tagung soll die Verwendung bildhafter Rede in frühchristlichen Texten in methodischer und historischer Perspektive beleuchten. Dazu werden zum einen literaturwissenschaftliche, philosophische und rhetorische Konzepte in den Blick genommen, zum anderen die religionsgeschichtlichen Kontexte frühchristlicher gleichnishafter Rede im Judentum sowie in der griechisch-r?mischen Literatur ausgeleuchtet. Die Tagung verfolgt damit einen innovativen Ansatz, denn eine derart umfassende Betrachtung gleichnishafter Rede im frühen Christentum in literarischer und religionshistorischer Hinsicht liegt bislang nicht vor. Die Tagung und der daraus hervorgehende Band werden die Forschung deshalb in ma?geblicher Weise bereichern. In einführenden Vortr?gen sollen zun?chst Verst?ndnis und Auslegung von Gleichnissen und verwandten Gattungen bildlicher Rede in der griechisch-r?mischen Rhetorik und Philosophie, israelitisch-frühjüdischen Schriften sowie hellenistisch-jüdischer Exegese umrissen werden. In weiteren Beitr?gen sollen anhand ausgew?hlter frühchristlicher Schriften zwei einander berührende Fragenkomplexe behandelt werden. Der erste Komplex betrifft den Charakter bildlicher Texte in frühchristlichen Texten: Wie werden der Terminus parabolê und verwandte Begriffe verwendet? Welche Funktionen bildlicher Rede und welche Verstehensvoraussetzungen auf Seiten der H?rer werden dabei erkennbar? Der zweite Fragenkomplex bezieht sich auf die konkrete Verwendung und Interpretation parabolischer Texte: In welchen narrativen oder argumentativen Kontexten tauchen Gleichnisse, Parabeln etc. auf? Welche Funktionen lassen sich in ihrer Verwendung erkennen (etwa: Veranschaulichung, Verhüllung, Vertiefung, Weiterführung)? Welche Signale sind erkennbar, die die Rezipientinnen und Rezipienten zu einem übertragenen Verst?ndnis auffordern (z.B. Ausdrücke wie ?gleichen, ?hnlich sein, in Gleichnissen reden/lehren“)? Wann werden bildhafte Texte explizit ausgelegt und welche Begründung bzw. Autorisierung dieser Auslegung wird gegeben? Nicht zuletzt ist zu bedenken, in welchen religi?sen, sozialen und politischen Kontexten Gleichnisse verwendet und für die jeweilige Situation fruchtbar gemacht werden. Dass gerade gleichnishafte (parabolische) Texte auf einen deutenden Kontext angewiesen sind, ist deutlich. Dadurch rückt die Frage nach dem Verh?ltnis zwischen ihrem ursprünglichen historischen Ort und ihrer sp?teren Rezeption in besonderer Weise in den Blick. Für die Bearbeitung dieser Fragen bedarf es gleicherma?en methodischer wie historischer Reflexion. Ein wichtiger Impuls der Tagung besteht darin, Nachwuchswissenschaftler/innen und etablierte Fachvertreter/innen miteinander ins Gespr?ch zu bringen. Dadurch soll die Tagung nicht zuletzt der F?rderung jüngerer Wissenschaftler/innen dienen und ihnen die M?glichkeit zum fachlichen Diskurs bieten. Es ist erfreulicherweise gelungen, sowohl ausgewiesene Spezialistinnen und Spezialisten als auch PostDocs für die Teilnahme zu gewinnen (siehe die beiliegende ?bersicht). Dies garantiert eine Tagung auf hohem fachlichem Niveau. Die Publikation des Tagungsbandes, der einen breiten ?berblick über die genannte Thematik bieten soll, ist im Verlag Mohr Siebeck geplant. Gleichnisse, Parabeln und verwandte bildhafte Texte werden in zahlreichen Schriften des frühen Christentums verwendet. Die Gleichnisforschung hat derartige Texte im Gefolge Adolf Jülichers vor allem als Bestandteil der Lehre Jesu diskutiert. Die breite Verwendung bildlicher Rede au?erhalb der Evangelien des Neuen Testaments wurde dagegen nur selten in den Blick genommen. Dies dürfte nicht zuletzt eine Wirkung des monumentalen Werkes von Jülicher sein, das sich vorranging an Jesus als dem Urheber der Gleichnisse orientierte. Jülicher zeichnete dabei das Bild einer fortschreitenden Verdunkelung der Gleichnisse Jesu durch ihre allegorische Interpretation in der frühen Kirche. Die sich daraus ergebende Konsequenz lautete, den ursprünglichen Sinn der Gleichnisse Jesu wiederzugewinnen. In kritischer Auseinandersetzung mit Jülicher hat die Forschung die Gleichnisse als Metaphern bestimmt, die das Gottesreich im Modus menschlicher Sprache zur Geltung bringen. Als ma?geblicher Kontext für das Verstehen der Gleichnisse wurde dabei in der Regel die Verkündigung des historischen Jesus betrachtet. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die Perspektive dagegen von den Gleichnissen als einem Bestandteil des Wirkens Jesu hin zu ihrer literarischen Kontextualisierung in den Evangelien verlagert. Es wurde zunehmend deutlich, dass erst die literarische Einbettung der Gleichnisse es überhaupt erm?glicht, ihnen auch einen Ort innerhalb einer Rekonstruktion des Wirkens Jesu zuzuweisen, wogegen eine hiervon abgel?ste Auslegung weitgehend abstrakt bleiben muss. Die Konzentration der Forschung auf die Gleichnisse Jesu in den neutestamentlichen Evangelien sowie die vergleichsweise geringe Wahrnehmung parabolischer Gattungen in anderen frühchristlichen Schriften k?nnte auch eine Folge der etwas holzschnittartigen Aufteilung der theologischen Disziplinen sein. W?hrend die Gleichnisse Jesu in der neutestamentlichen Wissenschaft ein vielfach behandelter Forschungsgegenstand sind, wird die Verwendung und Interpretation parabolischer Texte in der ?lteren Kirchengeschichte vergleichsweise selten thematisiert. Gegenüber solchen Disktinktionen k?nnte sich die Orientierung an einer Literaturgeschichte des frühen Christentums als fruchtbar erweisen. Dabei gewinnen auch bildliche (?parabolische“) Gattungen in anderen narrativen und argumentativen Kontexten als den synoptischen Evangelien an Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Impuls ist eine Diskussion der Verwendung des griechischen Begriffs parabolê (?Gleichnis/Parabel“) und verwandter Termini in den frühchristlichen Texten. Seit Beginn der modernen Gleichnisforschung wurde das Verh?ltnis zwischen parabolê im Matth?us-, Markus- und Lukasevangelium, ma?al in den hebr?ischen Schriften Israels sowie parabolê in den griechischen Schriften des antiken Judentums diskutiert. Darüber hinaus wurde auch die Verwendung von parabolê in der griechisch-r?mischen Rhetorik in den Blick genommen. Das Interesse richtete sich dabei jedoch überwiegend auf die Herleitung der Definition von ?Gleichnis“, ?Parabel“ etc. Die Hinwendung zu den Evangelien als theologisch eigenst?ndigen Schriften hat demgegenüber in den letzten Jahren wichtige Perspektiven auf die jeweils eigene Bedeutung von parabolê er?ffnet und die spezifischen Verwendungsweisen von Gleichnissen in den Blick treten lassen. Schlie?lich sind auch die verschiedenen Formen von Funktion und Verstehensbedingungen parabolischer Rede ein wichtiger, bisher nicht umfassend wahrgenommener Aspekt der frühchristlichen Literaturgeschichte. Die neuere Gleichnisforschung baut wesentlich auf Adolf Jülichers opus magnum Die Gleichnisreden Jesu (1888/89) auf. Jülicher betrachtete die allegorische Auslegung der Gleichnisse Jesu in der Christentumsgeschichte als unsachgem?? und wollte die ursprüngliche Intention der Gleichnisverkündigung Jesu freilegen. Da bereits die Verfasser der Evangelien die Gleichnisse Jesu als Allegorien missverstanden h?tten, müssten die Gleichnisse losgel?st von ihrem literarischen Kontext interpretiert werden. In einer umfassenden und gelehrten Darstellung der ?Geschichte der Auslegung der Gleichnisreden Jesu“ in der Christentumsgeschichte legte Jülicher dar, wie diese in unterschiedlichen historischen Situationen allegorisch interpretiert wurden. Die dabei leitende Auffassung eines Kontrastes zwischen den Gleichnissen im Munde Jesu einerseits, ihrem allegorischen Missverst?ndnis in den Evangelien und der weiteren Geschichte des Christentums andererseits, basiert auf einem Dekadenzmodell, das aus heutiger rezeptions?sthetischer und religionshistorischer Sicht fragwürdig ist. W?hrend die Gleichnisse Jesu in der neutestamentlichen Wissenschaft ein vielfach behandelter Forschungsgegenstand sind, ist deren Verwendung in der frühchristlichen Literatur, sofern sie nicht auf Jesus zurückgeführt werden, ein bis dato kaum beachtetes Ph?nomen. Jedoch zeigt bereits ein kursorischer ?berblick zur Verwendung des Begriffs parabolê in frühchristlichen Schriften (etwa im Hebr?er- und im Barnabasbrief, im Hirt des Hermas sowie in den Schriften Justins) eine bemerkenswerte Vielfalt, die es n?her zu untersuchen lohnt. Mit Iren?us von Lyon wird schlie?lich in breitem Umfang ein Diskurs sichtbar, der eine intensive Auseinandersetzung zwischen Iren?us und seinen Gegnern über die angemessene Gleichnisauslegung zeigt. Dieser Befund wird jedoch in patristischen Untersuchungen vergleichsweise selten thematisiert. Im Vordergrund stehen hier eher die Rezeption und Interpretation der Schriften Israels, einzelner Evangelien oder des gesamten Neuen Testaments im Werk antiker christlicher Autoren (vgl. etwa den kürzlich erschienenen, umfangreichen Artikel ?Parabel“ von Thomas Schirren im Reallexikon für Antike und Christentum, insbesondere dessen Literaturübersicht). Hier kann sich die Orientierung an einer Literaturgeschichte des frühen Christentums als fruchtbar erweisen. Die geplante Tagung wird vor diesem Hintergrund Gleichnisse der frühchristlichen Literatur in ihrem literarischen und religionshistorischen Kontext in den Blick nehmen und verschiedene Formen ihrer Interpretation beleuchten. Dabei sollen ein neuer Ansatz des Verst?ndnisses von ?Gleichnis“ (parabolê) als auch eine rezeptions?sthetische Perspektive auf die Gleichnisse entwickelt werden. Es steht zu erwarten, dass damit die Diskussion über die Gleichnisse in historischer und rezeptions?sthetischer Hinsicht wesentliche Impulse erh?lt.