Humboldt-Universit?t zu Berlin

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13ème Conférence de la fédération Internationale des Associations d’?tudes Classiques

Gru?wort am 24. August 2009

It's a great pleasure to say to all of you also some warm words of welcome in the name of Humboldt University as her President and Chair of Ancient Christianity and in the name of Berlin Brandenburg Academy of Sciences as her secretary of the class of humanities. We are deeply honoured that you have come to this University in the year of her bicentennial, and I wish you a very pleasant and profitable stay here in Berlin. If you allow me I would like to add a few more words of Greeting in German.

Wir feiern in diesem Jahr nicht nur das dreihundertj?hrige Jubil?um der heutigen Berlin-Brandenburgischen Akademie, der vormals preu?ischen Akademie und das zweihundertj?hrige Jubil?um der vormaligen Friedrich-Wilhelms-Universit?t, der heutigen Humboldt-Universit?t. Nein, wir feiern in diesem Jahr auch den zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls, der eine Konferenz wie diese in Berlin überhaupt erst wieder m?glich gemacht hat, eine Konferenz, in der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von vormals im Osten gelegenen Universit?ten wie Einrichtungen ganz heiter mit solchen zusammenarbeiten, die vormals im Westen lagen. Darüber, meine sehr verehrten Damen und Herren, und stellvertretend: liebe Frau Reitz, lieber Herr von Staden, lieber Herr Hose, lieber Herr Schmitzer, lieber Herr Gehrke und natürlich lieber Herr Senator Z?llner, mu? man kaum Worte machen. Die Metapher von den fallenden Mauern und eingerissenen Z?unen ist aber - mindestens, was die Altertumswissenschaften angeht - in Berlin deutlich ?lter als jene bewegenden Ereignisse vom November 1989 vermuten lassen. Als Adolf Harnack 1890 in die preu?ische Akademie aufgenommen wurde, sagte er: "Der Zaun, der früher das Feld der Kirchengeschichte von dem Felde der allgemeinen Geschichte getrennt hat, ist niedergerissen. Für die Bearbeitung beider Gebiete bedeutet der begonnene Austausch die h?chste F?rderung, er stellt aber auch neue Aufgaben. Wenn es aber dem Kirchenhistoriker der Gegenwart m?glich ist, sich au?erhalb der eigenen Grenzen auf den Gebieten der r?mischen Kaisergeschichte und der antiken Philosophie zurecht zu finden, so verdanken sie das in erster Linie der Lebensarbeit zweier M?nner … . Es ist mir ein Bedürfnis, … meinen besonderen Dank Herrn Mommsen und Herrn Zeller auszusprechen und ich wei?, da? alle meine Fachgenossen in diesem Danke mit mir übereinstimmen". Und der damalige Sekretar der Klasse, Harnacks Freund Theodor Mommsen, sprach in seiner Replik auf die Antrittsrede des neuen Mitglieds Harnack vom Verschwinden zuf?lliger Schranken: "Freilich, die zuf?lligen Schranken, welche zwischen Theologie und Philosophie und Geschichte die Facult?tsorthodoxie zu gegenseitigem Schaden aufgerichtet hatte, schwinden hüben wie drüben mehr und mehr vor der m?chtig vordr?ngenden rechten Wissenschaft" (Harnack, Kleine Schriften zur Alten Kirche I, 3f.). Wollte ich die Zeit eines Gru?wortes ungebührlich ausdehnen, k?nnte ich Ihnen nun an einer ganzen Reihe von weiteren Zitaten demonstrieren, wie sehr die entsprechende Metaphorik vom Niederrei?en der Z?une, Schwinden der Schranken und Fallen der Mauern die Grundsatz?u?erungen einer Generation in diesen goldenen Tagen der Berliner Altertumswissenschaft pr?gt: Nicht nur Harnack und Mommsen, sondern auch Norden und Jaeger und viele andere, keineswegs nur in Berlin, sondern beispielsweise auch bei Eduard Schwartz in Stra?burg und München und natürlich bei anderen und anderswo.

Mir scheint freilich bemerkenswert, da? wenn damals so pointiert vom Niederrei?en der Z?une, vom Schwinden der Schranken und vom Fallen der Mauern die Rede war, mit hehren Worten die unverzichtbare Interdisziplinarit?t beschworen wurde, doch immer ein Zweites im selben Atemzug auch gesagt wurde - es gibt, und das wissen wir Altertumswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen ja nur zu gut -, keine interdisziplin?re Erforschung der Antike ohne hohe disziplin?re Standards. Wohl sind die Z?une niedergerissen und wurden es in den letzten hundert Jahren noch viel mehr, als man damals überhaupt ahnen konnte - aber ohne die strenge epigraphische Arbeit eines Theodor Mommsen, für die Harnack im gleichen Atemzug dankte, k?nnte niemand die Bilder der sp?tantiken Kirchenhistoriker Eusebius, Sokrates und Sozomenus über die Christianisierung des imperium mit anderen Quellen kontrastieren. Und ohne Eduard Zellers, Theodor Mommsen gewidmeten dritten Band zur nacharistotelischen Philosophiegeschichte konnte man schlecht die Frage stellen, wie sich die Entwicklung der christlichen Trinit?tstheologie zu der der neuplatonischen Prinzipienlehre verh?lt. Es gibt, das wu?te jedenfalls diese Generation und wir wissen es hoffentlich auch noch, allzumal in den Altertumswissenschaften keine entschlossene Interdisziplinarit?t ohne ebenso entschlossene Disziplinarit?t. ?ber "language of the body" k?nnen wir nur reden, wenn wir auch die schwierigen Texte studieren, die nun seit rund hundert Jahren im Corpus Medicorum Graecorum et Latinorum ediert werden oder bei den Griechischen Christlichen Schriftstellern, um noch ein zweites traditionsreiches Unternehmen der Berliner Akademie zu nennen.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind neben den Z?unen, an die Harnack und Mommsen, Norden und Jaeger dachten, noch allerlei weitere Z?une gefallen und Schranken geschwunden, wie das dicke Programmbuch unserer Konferenz lehrt - Schranken zur Psychologie und Neurologie, zur Soziologie und allgemeinen Literaturwissenschaft. Aber gleichzeitig haben die zentralen Teildisziplinen der Altertumswissenschaft ihre je spezifischen disziplin?ren Standards - durchaus im Unterschied zu anderen Geisteswissenschaften - überwiegend nicht verloren. Man mu? als Altertumswissenschaftler, als Altertumswissenschaftlerin diese basalen Standards souver?n beachten, mu? beispielsweise wissen, was in der kaiserzeitlichen Antike sco3lia waren und darf das nicht einfach mit dem neuzeitlichen Begriff "Scholien" durcheinanderwerfen - sonst wird als ebenso sinnvoller wie notwendiger Interdisziplinarit?t eine schlechte Transdisziplinarit?t, in der nur mehr alle Katzen grau sind.

Ich wünsche Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren und uns allen, da? keinerlei solches Grau diesen FIEC-Kongre? trüben m?ge, nicht das graue Einerlei schlechter Wissenschaft, kein grauer Schleier auf dem blauem Himmel sch?nsten Wetters - nein, ich wünsche nur ebenso delektierende wie nützliche Vortr?ge, sch?nstes Wetter bei den G?ngen durch die Stadt und anregende Begegnungen untereinander. Nochmals: Seien sie uns alle ganz herzlich willkommen!


Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies
Pr?sident der Humboldt-Universit?t