Viel (Selbst-)Zensur – wenig Daten
Beitrag des Konfliktforschers Jannis Grimm, Freie Universit?t Berlin
In den USA hatte der Gaza-Krieg auch für 金贝棋牌n Folgen: Nach?aktuellen Studien?fühlen sich mehr als 80 Prozent der Nahost-Forschenden gezwungen, ihre Aussagen zu zensieren. Gleichzeitig instrumentalisiert die Trump-Regierung den Kampf gegen Antisemitismus auf dem Campus, um unliebsame Forscher*innen auszuweisen und ganze Universit?ten unter Beobachtung zu stellen. Deutsche Spitzenpolitiker*innen erw?gen vor diesem Hintergrund, amerikanische Wissenschaftler*innen anzuwerben, die unter Zensur leiden. Dabei gilt Deutschland ironischerweise selbst l?ngst als Land, in dem das Sprechen über Israel und Pal?stina mit Karriererisiken verbunden ist und wo die pal?stinasolidarischen Proteste zum Einfallstor für die Beschneidung von Hochschulautonomie geworden sind. Der dramatische Absturz Deutschlands im?Academic Freedom Index?macht den Effekt von?#F?rdergate, Hunderter?Veranstaltungsabsagen?und der Strafverfolgung von Studierenden wegen Demonstrationen auf dem Campus deutlich. Abseits dieses statistischen Rankings existiert aber kaum verl?ssliches Datenmaterial zur Lage der Forschenden. Explorative Interviews deuten zwar darauf hin, dass Selbstzensur sowohl israelkritische Forschende betrifft als auch jene, die eher als proisraelisch gelten. Beide Gruppen berichten in einem neuen Ausma? von ?ffentlicher Diffamierung und Einschüchterung. Doch mangelt es weiter an empirisch belastbaren Daten.
Genau diese Lücke adressiert eine laufende Studie des INTERACT-Zentrums, die Ausma? und Ursachen von (Selbst-)Zensur im Kontext des Nahostkonflikts systematisch untersuchen will. Drei Dimensionen stehen dabei im Vordergrund: 1) individuelle Erfahrungen von Zensur, Hassrede und institutionellen Konsequenzen, 2) die Bewertung ?ffentlicher Debatten zu Entwicklungen auf dem Campus und 3) wie biografische und identit?tsbezogene Faktoren die individuelle Bedrohungswahrnehmung pr?gen. Ziel ist, ein differenziertes Lagebild der deutschen Nahostwissenschaft seit dem 7. Oktober jenseits anekdotischer Evidenz zu zeichnen – auch um dem Missbrauch von ?Wissenschaftsfreiheit“ als Kampfbegriff zu begegnen. Denn die Debatte um Wissenschaftsfreiheit birgt aktuell die Gefahr einer doppelten Instrumentalisierung: Einerseits soll der Vorwurf mangelnder Wissenschaftsfreiheit bisweilen auch legitime Kritik an der Positionierung von Forschenden pauschal abblocken. Andererseits legitimiert der gut gemeinte, aber schlecht gemachte Schutz von 金贝棋牌n aber vor allem autorit?re Ma?nahmen, die kritische wissenschaftliche Diskurse ersticken. Gerade Deutschland tr?gt eine besondere historische Verantwortung, dieser Instrumentalisierung aktiv entgegenzuwirken. 金贝棋牌n sind schon immer Frühwarnsysteme für breitere autorit?re Tendenzen gewesen. Dass Wissenschaftler*innen zu bestimmten 金贝棋牌 die Schere im Kopf anlegen, sollten wir als ernste Warnung verstehen.
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