.digiTinnitus im Computermodell

Wissenschaftler aus Berlin untersuchen, wie H?rsch?den zu Tinnitus führen k?nnen

Tinnitus – ein Pfeifen oder Rauschen im Ohr ohne entsprechenden
akustischen Reiz – kann durch H?rverlust verursacht werden. Unter
welchen Umst?nden aber ist dies der Fall? Welche  Mechanismen
liegen dem zu Grunde? Roland Schaette und Richard Kempter vom Bernstein
Zentrum für Computational Neuroscience und der Humboldt-Universit?t zu
Berlin haben mithilfe von Computersimulationen Antworten auf diese
Fragen gefunden.

Tinnitus entsteht in der H?rbahn des zentralen Nervensystems. Bei
Tieren wurde tinnitusartige Aktivit?t von Nervenzellen – sogenante
Hyperaktivit?t – unter anderem im dorsalen cochlearen Nukleus (DCN)
gefunden, der ersten Verarbeitungsstufe für akustische 金贝棋牌.
Nervenzellen des DCN empfangen Signale direkt aus dem H?rnerv und
reagieren darauf mit neuronalen Entladungen – man sagt, sie "feuern".
Aber auch ohne akustische Reize sind die Zellen des H?rnervs und der
H?rbahn aktiv, sie feuern spontan mit einer bestimmten Rate, der
"spontanen Feuerrate" – vergleichbar mit dem Hintergrundrauschen
elektronischer Ger?te. Verschiedene Studien zeigen, dass H?rverlust die
spontane Aktivit?t von Nervenzellen im DCN erh?hen kann und dass dies
von Tieren als eine Art Tinnitus wahrgenommen wird. In einem
theoretischen Modell erkl?ren Schaette und Kempter erstmals den
Zusammenhang zwischen H?rverlust und Tinnitus.

Nach H?rverlust reagieren der H?rnerv und die Neurone entlang der
H?rbahn nur noch auf laute Ger?usche, für leisere Ger?usche unterhalb
der erh?hten H?rschwelle feuern sie spontan. Viele Neurone sind dadurch
insgesamt weniger aktiv. Dies k?nnte einen Mechanismus namens
"hom?ostatische Plastizit?t" aktivieren, der dafür sorgt, dass Neurone
weder zu viel noch zu wenig Aktivit?t zeigen.  Ist die
durchschnittliche Aktivit?t der Neurone zu niedrig, steigert Hom?ostase
ihre Sensitivit?t. Wie die Wissenschaftler in ihrem Modell zeigen
konnten, reagieren die Neurone dadurch sehr viel st?rker auf die
Aktivit?t des H?rnervs, insbesondere steigen ihre spontanen Feuerraten
an.

Wie Schaette und Kempter au?erdem in ihrem Modell demonstrieren,
trifft dieser Mechanismus aber nur auf bestimmte Typen von Neuronen zu
– so zum Beispiel auf sogenannte Typ III Neurone des DCN. Diese Neurone
werden von Schall vornehmlich aktiviert. Nach H?rverlust sinkt daher
zun?chst ihre durchschnittliche Aktivit?t und der oben beschriebene
Mechanismus setzt ein: die Hom?ostase muss gegensteuern, um die
Aktivit?t wieder anzuheben, was dann auch die spontane Feuerrate
erh?ht. Typ IV Neurone hingegen werden durch Schall je nach Lautst?rke
aktiviert oder gehemmt. H?rverlust wirkt sich auf ihre
durchschnittliche Aktivit?t kaum aus, entsprechend weniger anf?llig
sind sie. Diese Vorhersage des Modells der Berliner Wissenschaftler
deckt sich mit experimentellen Befunden: Bei Nagetieren überwiegen Typ
III-Zellen, bei ihnen wurde tinnitusartige Hyperaktivit?t im DCN
gefunden. Bei Katzen hingegen, die vor allem Typ IV-Neurone haben,
wurde eine solche Aktivit?t noch nicht festgestellt.

"Unsere Studien dienen dazu, grunds?tzlich den Zusammenhang zwischen
H?rverlust und Tinnitus zu verstehen", erkl?rt Kempter. Ist dieser
Zusammenhang etabliert, lie?en sich daraus auch m?gliche
Therapiema?nahmen ableiten. "Unsere Hoffnung w?re, dass gezielte
Beschallung mit akustischen Signalen im richtigen Frequenzbereich die
durch H?rverlust verursachte Hyperaktivit?t zurücktreiben k?nnte", so
Kempter.

Originalver?ffentlichungen:
Schaette R, Kempter R: Development of tinnitus-related neuronal
hyperactivity through homeostatic plasticity after hearing loss: a
computational model. Europ J Neurosci 23:3124-38 (2006).

Schaette R, Kempter R: Development of hyperactivity after hearing
loss in a computational model of the dorsal cochlear nucleus depends on
neuron response type. Hear Res  240:57-72 (2008).

Institut für Biologie

Fachinstitut für Theoretische Biologie

Humboldt-Universit?t zu Berlin

Invalidenstra?e 43

10115 Berlin



Name:Dr. Richard Kempter

URL:http://itb.biologie.hu-berlin.de/~kempter/
Tel.: +49 (0)30/ 2093-8925
Name:Dr. Roland Schaette

URL: http://itb.biologie.hu-berlin.de/~schaette/
Tel.: +49 (0)30/ 2093-8926